Spätestens als ich einen Infobrief meiner
zuständigen Wehrverwaltung bekam, die mich über die
bevorstehende Musterung bei der Bundeswehr informierte,
wusste ich, daß man mich nicht vergessen hatte.
Naja, Bundeswehr ... sooo viel gehört hatte ich bis
dahin nicht von der Bundeswehr, vielleicht auch nicht,
weil ich nicht so militärisch angehaucht war. "...
ach ja, die hatten beim Oderhochwasser mitgeholfen. Doch
das ist keine militärische Aufgabe gewesen?!"
So weit, so gut. Ich wußte, daß ich mich entscheiden
muss zwischen Grundwehrdienst und Zivildienst.
Eigentlich war für mich klar, daß ich Zivildienst
machen werde, denn irgendwie hatte ich Angst davor, was
bei der Grundausbildung da auf mich zukommen würde. Ich
erhielt seit 1992 die Bundeswehrzeitschrift
"Infopost" und da konnte man so einiges über
die "Grundi" lesen, was einen nicht gerade dazu
ermutigte, sich für den Grundwehrdienst zu entscheiden.
Außderdem hörte man viel über Rechtsradikalismus bei
der Bundeswehr in den Medien, was die Entscheidung für
den Grundwehrdienst auch nicht gerade erleichterte.
Nachdem ich Ende 1997 gemustert wurde und als
"T2" eingestuft wurde (wobei T1 die körperlich
Besten sind), mußte ich dann zu einem
"Intelligenztest", bei dem festgestellt wurde,
wo man besonders gut ist und was man nicht so gut kann.
Irgendwie hatte ich mich dann Ende 1997 doch dazu
entschieden, meinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr
anzutreten. Warum weiß ich auch nicht mehr so richtig,
jedoch spielte die Neugier eine große Rolle.
Gegen Sommer 1998 erhielt ich dann den entscheidenden
Brief ... die Einberufung. Schluck. Jetzt ist es zu
spät. Jetzt kannst Du nichts mehr daran ändern. Naja,
es ist schon niemand an der Grundausbildung gestorben
(zumindest nur durch dumme Zufälle).
Im Einberufungsbescheid erfuhr ich, dass ich zur
Teilstreitkraft der Luftwaffe einberufen wurde. Meine
Grundausbildung soll am 1. September 1998 in Heide
(Holstein) beginnen. Zufälligerweise wurde auch ein
Kumpel in genau die selbe Kaserne einberufen, was die
ganze Sache natürlich etwas erleichterte.
Als erstes schaute ich auf die Karte ... oha, Heide ist
ganzschön weit weg von zuhause - mit dem Zug waren's
über 6 Stunden.
Die Zeit verging, ich machte mein Abitur, genoß die
freien 2 Monate nach dem Abi und dann war's auch schon
Ende August.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich im Internet
ein bischen über die Bundeswehr zu informieren ...
irgendwie wurde daraus nichts.
Nun war der 1. September. Ich sollte mich bis spätestens
18 Uhr in Heide bei der 12. Kompanie melden. Ich fuhr mit
meinem Kumpel über Hamburg nach Heide und kam dann
pünktlich in Heide gegen 14 Uhr an. Aus dem Zug stiegen
- welch Wunder - neben uns noch mehr Jungendliche aus.
Sie alle "wollten" zur Kaserne und hatten das
gleiche vor sich, wie wir auch.
Dann sahen wir den Bundeswehrbus um die Ecke kommen und
stiegen ein. Er fuhr los und wir kamen an. Vor der Kaserne
mussten wir aussteigen und gingen an der Wache vorbei,
die uns den Weg in das richtige Gebäude schilderte.
... und das hier soll zur Luftwaffe gehören? Außer ein
paar ausgestellten alten Flugzeugen konnte man von
Luftwaffe nichts spüren. Wie wir erst später erfuhren,
bildet die Luftwaffe ihre Soldaten in spieziellen
Luftwaffenausbildungsregimentern (LAR) aus und nicht, wie
es z. B. beim Herr üblich ist, nebenbei beim
"normalen" Kasernenbetrieb. LAR's sind
sozusagen Schulen in denen die gerade einberufenen
Zivilisten zu Soldaten erzogen werden.
Ich will (und darf) an dieser Stelle nicht allzusehr ins
Detail meiner zweimonatigen Grundausbildungszeit in Heide
schreiben.
Was mich jedoch wunderte war, daß selbst ich als
"Sportskanone" keine großen Probleme bei der
Grundi (so nannten wir liebevoll die
Grundausbildungszeit) hatte. Mein einziges Problem waren
meine Füße. Da ich meine Kampfstiefel falsch
eingelaufen hatte, bekam ich bei den Märschen ständig
Blasen an den Füßen, sodass ich vor Schmerzen fast
einen Baum hätte mit den bloßen Zähnen fällen
können. Ich habe noch heute (6 Monate nach meiner
Grundi) rote Stellen an den Versen.
Im Fernsehen sieht man immer, dass die Ausbilder sehr
streng sein sollen und die Soldaten von morgens bis
abends anbrüllen. Das ist vielleicht in Amerika so -
also in Heide war das nicht der Fall. Ab und zu gab's
'mal einen Brüller, aber das mußte auch sein, denn wie
soll man denn mit guten Worten einem Menschen von 19
Jahren soldatisches Benehmen beibringen, wenn man ihn
nicht anschnauzt?!
Insgesamt waren wir 6 Jungs auf der Stube 313, wir haben
uns supermäßig verstanden und hatten viel Spaß.
Manchmal hatten wir uns schon gefragt, welcher Ochse uns
gebissen haben muß, und für die Bundeswehr zu
entscheiden, doch als wir dann abends auf Stube
zusammensaßen und den Tag revue passieren ließen, waren
wir allesamt schon stolz darauf, daß wir den
15-km-Marsch (fast) ohne Probleme überstanden hatten.
Ich hätte nie gedacht, daß ich so weit laufen kann! Wir
hörten zuammen Radio und fast jedes Mal, wenn wir das
Radion einschalteten, lief "Cruel Summer" (ein
witziges Detail, denn unser Ausbilder hieß
"Sommer" :o). Als Stubenmotto hatten wir
"Genug ist zu wenig" (aus einem Lied von
Herbert Grönemeyer) und als wir vom Biwak heimkamen und
das Radio eingeschaltet haben, lief gerade "Viva
forever", was wir natürlich in "Biwak
forever" umtauften. Jedes Mal, wenn ich im Radion
eines der drei Lieder höre, muß ich an die Grundi
denken ... und ich schätze, daß das noch lange anhalten
wird.
Nach gut einem Monat hatten wir dann unser Gelöbnis und
schupps die wupps war die Grundi dann auch schon vorbei,
schneller als wir dachten, hatten wir die schwerste Zeit
hinter uns gebracht.
Als dann der Tag des Einplaners kam, waren wir alle
aufgeregt. Der Einplaner sagt einem, wo man nach der
Grundi hinkommen wird und was man dann in der sogenannten
Stammeinheit macht.
Zunächst wurde ich nach Husum in den
"elektronischen Bereich" eingeteilt, jedoch
setzte sich unsere Vertrauensperson selbstständig für
mich (und andere Kameraden natürlich auch) ein und ich
wurde nach Laage mit der selben Verwendung eingeteilt.
Der letzte Tag kam näher und schon war er auch da. Und 6
von Stube 313 war gar nich so doll zumute, denn 2 Monate
harte Ausbildung haben uns zu gute Kameraden gemacht. Am
letzten Abend haben wir uns Pizzen bestellen dürfen uns
haben Aschied voneinander genommen. Als ob Radio RSH es
vermutet hätte, spielte RSH am Morgen des Umzuges auch
prompt unsere 3 "Stubenlieder" hintereinander
weg (ist doch komisch, nicht wahr?).
Die Adressen wurden ausgetauscht, ein "Tschüs"
und weg waren wir, ganz gespannt auf die neue Einheit.
Nach ein paar Stunden Busfahrt kam ich dann auch in Laage
(bei Rostock) an und bezog in Gebäude 20 die Stube 304.
Dort kam ich dann in der AIS als "Follow
me"-Fahrer unter. ... der Bombenjob. Immer nahe an
den Flugzeugen und keine körperlich schwere Anstrengung.
So fuhr ich nun bis Mitte Februar als "Follow
me" Fahrer, bis wir dann einen zivilen Kraftfahrer
bekamen. Jetzt fahre ich nur nach Dienstschluß des
zivilen Kraftfahrers und weise, falls es einmal notwendig
sein sollte, fremde Flugzeuge ein.
Die Stimmung in der AIS war super und ich habe zum
zweiten Mal "Schwein gehabt".
Der militärische Drill hat - zum Glück - stark
nachgelassen, sodass man beim Aufstehen kein
Sorgen mehr haben musste, was man sich nun schon wieder
für uns ausgedacht hat.
Mit gemischten Gefühlen nähert sich der vor 10 Monaten
so ersehnte letzte Tag. Gerne wäre ich noch in
Laage geblieben, jedoch wartet meine nächste
Herausforderung - meine Ausbildung zum Fachinformatiker.
Am 30.06.1999 endete mein Grundwehrdienst.
Nun möchte mich hiermit nochmals bei allen bedanken, die
mir eine so schöne Grundi ermöglicht haben.
Ich hoffe, dass ich Euch meine Grundwehrdienstzeit ein bischen interessant geschildert
habe und hoffe, den einen oder anderen dazu bewogen zu
haben, sich für die Bundeswehr zu entscheiden.